Seite 4 - Die Natur - das sind wir - Vortrag von Firos Holterman ten Hove

In diesem Bild werden die beide Pole absichtlich nicht unten und oben, sondern nebeneinander dargestellt. Symbolisch ist das der bedeutsame Hinweis, dass der eine Pol nicht wichtiger ist als der andere. Bei den Sufis heißt die rote Seite ”Liebe”, die blaue ”Schönheit”. Das Zentrum ist wiederum die fühlende Herzensinstanz, in der Denken und Handeln miteinander in Einklang gebracht werden. Die Sufis nennen sie ”Harmonie”. Liebe, Harmonie und Schönheit formen so eine Drei-Einheit.

 

Das innere Licht zum Vorschein bringen 

Hazrat Inayat Khan: ”Die Bibel sagt uns: ‚Lasst euer Licht leuchten vor den Menschen.’ Bislang ist es unter einem Scheffel verborgen. Der Scheffel, das Gefäß, ist der manifeste Teil unseres Lebens; er symbolisiert all die Formen, die die innere Intelligenz bedecken, welche in ihrem ursprünglichen Aspekt die Wurzel unseres Wesens ist. Die innere Intelligenz, das Licht, wurde unter der Schöpfung verhüllt, und es ist der Wunsch der Natur, es wieder zum Vorschein zu bringen, damit sie ihr ursprüngliches Wesen wieder schauen kann, wie es sich verhält in all den Veränderungen, die die Form von Tod und Vernichtung annehmen.”

Der Übergang von der Phase der Blattformung zu der der Blütenbildung ist ein Sterbens- und Auferstehungsprozess. Eine unsichtbare Hand drängt die Ausdehnung in Blätter und Äste zurück. Diese Art der Manifestation wird zum Stillstand gebracht. Währenddessen entsteht die Knospe.

Es ist geheimnisvoll, wie in diesem Übergang der innere Drang der Pflanze und die äußeren Bedingungen sich aufeinander einspielen und eine Veränderung in der Atmosphäre schaffen, die die Blüte möglich macht.

So komme ich nun zum Schluss zur zweiten Hälfte des Symposiumstitels: Wege zu einem inneren Klimawandel.

 

Wann werden wir erwachen? 

Fest steht mittlerweile, dass die Menschheit mit ihrem materiellen Wachstumsstreben einen Klimawechsel herbeiführt. Die Zeichen stehen auf Sturm. Erdbeben, Stürme und Überschwemmungen scheinen immer häufiger aufzutreten.

Hierzu eine Aussage von Hazrat Inayat Khan: ”Die Kriege, Stürme, Überschwemmungen und vulkanischen Ausbrüche werden sehr oft von Menschen verursacht, durch ihre Handlungen, ihre Grundeinstellung oder durch den Zustand der Menschheit im Allgemeinen.”

Einen Klimawechsel brauchen wir genau so wie die Pflanzen, um unsere bisherigen Bestrebungen ändern und das Ziel unseres Menschseins verwirklichen zu können. Es besteht darin, dass Gott Sich im Menschen sucht und Sich in ihm selbst erkennt.

Niemand wünscht, dass der Wandel viel Leid mit sich bringt. Inayat Khan ist in seinen Aussagen hierzu ambivalent. Er sagt, dass wir Menschen das Recht haben, zu schlafen. Es ist nicht an uns, zu entscheiden, wann der Moment des Erwachens für jemanden kommt. In der Phase, in der wir uns jetzt als Menschheit befinden, verlangen wir nach materieller Sicherheit. Wir ähneln dabei sehr häufig enthemmten Tieren, gehen bis an die Grenzen des Hinnehmbaren und darüber hinaus. Nach diesem notwendigen Aufbau des Egoismus wird jedoch eine Phase kommen, in der das Innere des Menschen aufblüht. Das steht fest.

”Es wird ein Tag des Erwachens, der Entfaltung, kommen; wir erwarten ihn in Stille.”

Die einzige Frage ist: Welche Geburtswehen stehen uns noch bevor?

Je mehr wir an unseren Gewohnheiten festhalten, desto stärker werden die Wehen sein. Das führt uns Hazrat Inayat Khan eindringlich vor Augen. Unsere Aufgabe ist es, das Alte loszulassen, damit das Neue eine Chance hat.

Und wenn dann die Knospe aufgeht, wird sichtbar, was man bei der Heranbildung der Blätter noch nicht erkennen konnte: Die Blüte zeigt eine noch nie da gewesene Schönheit.

 

Diese Brennnesselblüte formt ein Kreuz. Es hat in sich die horizontale und die vertikale Ebene, bzw. die vier Himmelsrichtungen, vereint.

Es gibt auch Blüten mit drei, fünf, sechs oder acht Richtungen.